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Alle Fakten zur Hacklerregelung

Was wurde im Nationalrat am 20.11.2020 bei der Abschaffung der Hacklerregelung genau beschlossen?

Beschlossen wurde ein Antrag der Regierungsparteien ÖVP und Grüne, der ohne Begutachtung und ohne ausführliche parlamentarische Behandlung durch den Nationalrat gejagt wurde. SPÖ und FPÖ haben gegen diesen Antrag gestimmt, die NEOS dafür. Aufgrund dieses Beschlusses werden jene Abschläge, die im September 2019 abgeschafft wurden, per 01.01.2022 wieder eingeführt.

Für alle Frauen ändert sich dadurch vorerst nichts, sie können bis 2024 weiterhin abschlagsfrei mit 60 Jahren in Pension gehen. Alle Männer (Arbeiter, Angestellte, Gewerbetreibende und Landwirte), die im Jahr 2020 oder 2021 vor dem Regelpensionsalters von 65 Jahren in Pension gehen, können dies weiterhin abschlagsfrei tun, sofern 45 Arbeitsjahre vorliegen.

Allen Männern, die bis Ende 2021 die 45 Arbeitsjahre erreichen und in den nächsten Jahren vor dem Regelpensionsalter von 65 Jahren in Pension gehen, können dies weiterhin abschlagsfrei tun. Für alle anderen Personen, die ab 2022 oder in den Jahren danach vor dem Regelpensionsalter von 65 Jahren in Pension gehen, wird die Pension bei der Langzeitversichertenregelung („Hacklerregelung“) um 0,35% pro Monat, also 4,2% pro Jahr (insgesamt bis zu 12,6% bei einem Pensionsantritt mit 62 Jahren) gekürzt.

Die PRO-GE kämpft weiterhin gegen die erneuten Pensionsabschläge ab 2022!

Die Bundesregierung hat am 20. November massive Abschläge vor dem Erreichen des Regelpensionsalters wieder eingeführt. Ab 2022 werden folgende Pensionen gekürzt:

  • bei der Langzeitversichertenpension („Hacklerregelung“) um 0,35% pro Monat, also 4,2% pro Jahr (insgesamt bis zu 12,6% bei einem Pensionsantritt mit 62 Jahren)
  • bei der Schwerarbeitspension um 0,15% pro Monat, also 1,8% pro Jahr (insgesamt bis zu 9% bei einem Pensionsantritt mit 60 Jahren)
  • bei der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension um 0,35% pro Monat, also 4,2% pro Jahr (gedeckelt mit insgesamt maximal 13,8%)

Für die PRO-GE ist klar: Die Wiedereinführung der Pensionsabschläge ab 2022 ist Pensionsraub und nichts anderes! Wer 45 Jahre oder mehr gearbeitet hat, muss in Pension gehen können, ohne mit Abschlägen bestraft zu werden. Uns geht es um Respekt vor den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die mit ihrer Leistung tagtäglich zum Wohlstand in Österreich beitragen. Darum wird die Gewerkschaft PRO-GE weiterhin mobilisieren und nicht ruhen, bis wieder Gerechtigkeit in unserem Pensionssystem hergestellt ist und die Pensionsabschläge nach 45 Arbeitsjahren wieder für alle der Vergangenheit angehören.

Die abschlagsfreie Pension ist gerecht!

Wer bereits 45 Jahre oder mehr gearbeitet hat, gehört zu jenen Personen, die überdurchschnittlich lange ins Pensionssystem eingezahlt haben.

Das belegen die Zahlen für das Jahr 2020: Jene, die abschlagsfrei in Pension gingen, erreichten im Durchschnitt 552 Beitragsmonate (also 46 Jahre). Das liegt deutlich über dem Durchschnitt aller Alterspensionen mit 428 Beitragsmonaten; konkret sind es 10 Jahre und 4 Monate.

Diesen Personenkreis mit Abschlägen bei einem vorzeitigen Pensionsantritt zu strafen, ist unfair. Viele haben in den vergangenen Jahren die Abschläge hingenommen, da sie körperlich oder psychisch am Ende ihrer Kräfte waren und deshalb vorzeitig in den Ruhestand gewechselt haben. Der Druck im Arbeitsleben steigt, das hat auch der Arbeitsklima Index der Arbeiterkammer Oberösterreich gezeigt. Immer weniger Menschen können sich vorstellen, ihren Beruf bis zur Pension auszuüben.

Die abschlagsfreie Hacklerregelung ist leistbar!

Ein Argument, dass häufig gegen die abschlagsfreie Hacklerregelung gebracht wird, sind die angeblich horrenden Kosten. Horrende Kosten wurden jedoch von keiner seriösen Stelle angenommen: Das Sozialministerium ging im Dezember 2019 von jährlichen Mehrkosten von 26 Millionen aus; im Finanzministerium hingegen rechnete man mit 70 Millionen, wie der Übersicht über die österreichische Haushaltsplanung 2020 zu entnehmen war – die zuständige Pensionsversicherungsanstalt verortete die Mehrkosten in der Mitte.

Mittlerweile liegen die grundlegenden Daten für das Jahr 2020 vor. Auf Basis dieser Zahlen lassen sich die Kosten wie folgt berechnen: 13.376 Personen profitierten von der Abschaffung der Abschläge. Diese Abschläge hätten im Durchschnitt 288 Euro pro Monat ausgemacht, 14x jährlich. Daraus ergibt sich ein Volumen von knapp 54 Millionen Euro, von dem noch direkte Rückflüsse in das Budget durch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden müssen.

Damit zeigt sich deutlich, dass die abschlagsfreie Pension nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Pensionsaufwendungen ausmacht. Diese betrugen bei den maßgeblichen Trägern im Jahr 2020 laut Eigenangaben 35 Milliarden Euro (PVA) bzw. 6,9 Milliarden Euro (SVS). Während die abschlagsfreie Pension – trotz nachweislich geringer Kosten – als große budgetäre Belastung bezeichnet wird, verzichtete die türkis-grüne Regierung bereits vor Corona bereitwillig auf Einnahmen (z.B. Abschaffung der Schaumweinsteuer im Volumen von rund 23 Millionen Euro pro Jahr) und hält trotz Corona weiterhin an der geplanten Senkung der Körperschaftssteuer auf 21 Prozent fest – dadurch würden dem Budget jährlich 1,5 Milliarden Euro fehlen. Eine Woche nach Abschaffung der Hacklerregelung im Parlament wurde übrigens bekannt, dass die Bundesregierung für die nächsten Jahren 30 Millionen Euro für Eigenwerbung und 180 Millionen Euro für Inserate ausgeben wird.

Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter wird durch Hacklerregelung kaum sinken.

Die abschlagsfreie Pension kann zu Vorzieheffekten beim Pensionsantritt führen. Dem gegenüberstehen aber auch Warteeffekte. Nicht alle, die grundsätzlich mit 62 Jahren die Langzeitversichertenpension in Anspruch nehmen können, verfügen auch über die notwendigen 45 Arbeitsjahre, um in den Genuss der Abschlagsfreiheit zu kommen. Für sie ist nun der Anreiz umso größer, noch so lange weiterzuarbeiten, bis die 540 Beitragsmonate erreicht sind.

Vergleicht man das durchschnittliche Pensionsantrittsalter des Jahres 2020 jener Männer, die nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei in Pension gehen konnten mit den entsprechenden Zahlen aller Männer des Jahre 2019 (hier gab es noch keine Abschlagsfreiheit), ergibt sich das folgende ausgewogene Bild: Langzeitversichertenregelung 62,5 Jahre (2019: 62,6 Jahre); Schwerarbeitspension ASVG 62,6 Jahre (2019: 61,7 Jahre); Schwerarbeitspension APG 61,3 Jahre (2019: 60,7 Jahre); Korridorpension 63,4 Jahre (2019: 62,5 Jahre); Invaliditätspension 59,9 Jahre (2019: 55,0 Jahre).

Dass ArbeitnehmerInnen einen vorzeitigen Pensionsantritt in Anspruch nehmen, liegt oftmals auch daran, dass sie sich in ihrem Unternehmen nicht mehr wertgeschätzt fühlen. Umfragen aus dem Jahr 2019 haben ergeben, dass sich rund 15 Prozent der älteren ArbeitnehmerInnen „etwas“ oder „stark“ in Frühpension gedrängt fühlen. Will man also das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche anpassen, braucht es Initiativen vonseiten der Wirtschaft, damit Unternehmen älteren ArbeitnehmerInnen ein attraktives Arbeitsumfeld bieten. Personen, die nach 45 oder mehr Arbeitsjahren in die Pension gedrängt werden, auch noch mit Abschlägen zu bestrafen, ist ungerecht.

Die abschlagsfreie Pension ist auch eine Chance für die Jüngeren.

Schon seit Jahren sinken die Budgetzuschüsse („Bundesbeitrag“) in das öffentliche Pensionssystem. So auch im letzten Jahr vor Corona: Laut „Budgetbericht 2020“ des Finanzministeriums war dieser Bundesbeitrag allein im Jahr 2019 um 606,7 Millionen Euro geringer als ursprünglich geplant. Die in den Jahren 2020 und 2021 gestiegenen Bundeszuschüsse sind auf geringere Beitragseinnahmen der Pensionsversicherungsträger aufgrund der COVID-19-Pandemie zurückzuführen (siehe „Budgetbericht 2021“ des Finanzministeriums).

Das bedeutet: Unser Pensionssystem steht auf einem soliden Fundament. Von den zusätzlichen Kosten für die abschlagsfreie Pension nach 45 Jahren geht keine Gefahr für die Stabilität unseres Pensionssystems aus, da diese nur einen geringen Anteil an den gesamten Pensionsausgaben ausmachen (siehe „Die Hacklerregelung ist leistbar“).

In Zeiten der Corona-Misere am österreichischen Arbeitsmarkt gilt auch: Wenn Menschen nicht durch Abschläge gezwungen sind, ihren Pensionsantritt hinauszuzögern, erhöhen sich die Arbeitsmarktchancen für Jüngere.

Auch Frauen profitieren von der abschlagsfreien Hacklerregelung!

Regierungsmitglieder von ÖVP und Grünen führen gegen die abschlagsfreien Hacklerregelung ins Treffen, dass Frauen davon nicht profitieren würden. Das ist falsch, denn bis 2023 können Frauen mit 60 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen: 2020 gingen 48.590 Frauen abschlagsfrei mit 60 Jahren in die normale Alterspension. Nach der Angleichung des Frauenpensionsalters in einigen Jahren würde auch die abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren von Frauen genauso wie von Männern in Anspruch genommen werden können. Um Benachteiligungen zu vermeiden, war sogar festgelegt, dass Kindererziehungszeiten im Ausmaß von bis zu fünf Jahren angerechnet worden wären.

Hat der bereits verstorbene Sozialminister Hundstorfer die Pensionsabschläge eingeführt?

In der Diskussion um die Wiedereinführung der Pensionsabschläge wurde seitens der ÖVP und auch der Grünen oft behauptet, dass der ehemalige Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Pensionsabschläge ursprünglich eingeführt hätte. Das ist so nicht richtig. SPÖ-Sozialsprecher und GBH-Vorsitzender Beppo Muchitsch hat zu dieser Behauptung in der Nationalratssitzung vom 20.11.2020 tatsächlich berichtigt:

„Herr Präsident! Herr Bundesminister! Abgeordneter Zarits hat gesagt, die SPÖ hätte anno dazumal, am 20.12.2010, was die Abschaffung der Hacklerpension betrifft, mitgestimmt. Ich korrigiere und stelle richtig – ein geschichtlicher Rückblick –: Die Hacklerregelung wurde damals, 2003, unter Schüssel und Haider befristet bis 2013 beschlossen. Bevor diese Hacklerpension ausgelaufen ist, war es Rudi Hundstorfer, der es geschafft hat, in dieser Koalition mit der ÖVP die Hacklerpension in Dauerrecht zu überführen. Der Preis dafür war, dass die ÖVP die Abschläge dementsprechend eingefordert hat.“

Zusammengefasst bedeutet diese Aussage: Die Pensionsabschläge wurzeln in der großen Pensions(kürzungs)reform unter Wolfgang Schüssel Anfang der 2000er. Als Übergangsmodell wurde damals die befristete „Hacklerregelung“ geschaffen, die zwar mehrmals verlängert, aber nach 2013 ersatzlos ausgelaufen wäre. Sozialminister Hundstorfer versuchte dann in seiner Amtszeit (2008-2016) im Rahmen einer Großen Koalition zu retten, was noch zu retten ist – die Position der ÖVP war jedoch: Entweder eine „Hacklerregelung“ mit Abschlägen oder gar keine „Hacklerregelung“ mehr. Das Ergebnis dieses ungeliebten Koalitionskompromisses wurde von der SPÖ bei erster Gelegenheit korrigiert – im sogenannten „freien Spiel der Kräfte“ im September 2019 wurden die Abschläge endlich abgeschafft.

Abseits davon sind wir der Ansicht, dass die Diskussion in dieser Frage zwischen den aktuell handelnden Personen geführt werden sollte. Dass sich VertreterInnen anderer Parteien auf den verstorbenen Sozialminister berufen oder diesen gar als Argument missbrauchen, wirkt pietätlos.

Die Alterssicherungskommission ist kein unabhängiges ExpertInnengremium.

Die regelmäßig tagende Alterssicherungskommission, die sich oft kritisch zur abschlagsfreien Hacklerregelung äußert, ist keine ausschließlich aus ProfessorInnen und WissenschaftlerInnen bestehende Gelehrtenrunde, sondern ein eindeutig politisch besetztes Gremium. Von den 14 stimmberechtigten Mitgliedern ist die Hälfte dem Einflussbereich der ÖVP zuzurechnen. Der Vorsitzende dieser Kommission ist jener ehemalige Sektionschef im Sozialministerium, der damals an der Einführung der Pensionsabschläge federführend beteiligt war und von Bundeskanzler Sebastian Kurz nach dem Scheitern der türkis-blauen Bundesregierung als Sozialminister vorgeschlagen wurde. Die Alterssicherungskommission, vor allem ihr Vorsitzender, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Abschläge nach 45 Arbeitsjahren wieder eingeführt wurden.

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